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Die Notwendigkeit einer fairen und ethischen KI-Nutzung im Versicherungswesen

Earnix Team

15. July 2024

  • AI
  • Transformation
AI ethics or AI Law concept. Developing AI codes of ethics.

KI revolutioniert die Versicherungsbranche durch die Verbesserung von Underwriting, Schadensabwicklung, Kundenservice und Produktentwicklung. KI hat sich bereits bewährt bei der Automatisierung manueller Aufgaben, der Verbesserung von Risikobewertungsverfahren, der Erkennung von Betrug, der Personalisierung von Kundeninteraktionen und der Ermöglichung von prädiktivem Pricing.

Dank dieser neuen Fähigkeiten liefert KI inzwischen eine breite Palette an wesentlichen Vorteilen für Versicherer: mehr Effizienz, Kosteneinsparungen, höhere Produktivität, Kundenzufriedenheit, Customer Engagement und stärkere Kundenbindung.

Doch der rasche Fortschritt und die Verbreitung von KI in der Versicherungsbranche werfen neue Fragen auf in Bezug auf potenzielle Bias-Effekte und mögliche Diskriminierung. Außerdem stellen sich Fragen, was die Implikationen von KI für die Versicherer insgesamt betrifft.

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Negative ethische Implikationen von KI im Versicherungswesen

Die Bedenken der Versicherer sind begründet. Der Einsatz von KI wirft neue Fragen auf, wenn Versicherungsträger KI nutzen wollen, um faire und gerechte Ergebnisse zu erzielen, die den Interessen der Kunden bestmöglich entsprechen.

Laut der Umfrage CEO Outlook 2023 von KPMG haben 57 % der Führungskräfte Bedenken hinsichtlich der ethischen Herausforderungen, die durch die Implementierung von KI entstehen.

Algorithmische Ungerechtigkeit und Bias bei Underwriting und Pricing

Nehmen wir als Beispiel den folgenden Fall: Ein Versicherungsunternehmen bietet eine Autoversicherung an, bei der ein KI-basiertes Pricing-Modell einen Datensatz verwendet, der viele verschiedene Faktoren enthält, wie Fahrverlauf, Fahrzeugtyp, Kilometerstand, geografischer Standort und andere demografische Informationen.

Obwohl dieses Modell keine Kriterien wie ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht oder Einkommen als Variablen verwendet, kann es Proxy-Faktoren nutzen, die stark mit diesen Merkmalen korrelieren. Es ist möglich, dass das daraus resultierende Pricing-Modell bestimmte Personen benachteiligt aufgrund von Eigenschaften, die eng mit ethnischer Zugehörigkeit, sozioökonomischem Status oder anderen geschützten Informationen verknüpft sind. Ohne vollständige Einsicht in den KI-Algorithmus und dessen Nutzung von Daten besteht das Risiko, dass Bias-Effekte in den Trainingsdaten zu diskriminierenden Ergebnissen führen.

Da Versicherer neue Datenquellen integrieren und neue ML-Modellierungstechniken anwenden möchten, ist es wichtig, vollständige Transparenz und Rückverfolgbarkeit gegenüber Regulierungsbehörden (oder allen anderen, die Pricing-Ergebnisse nachvollziehen wollen) zu gewährleisten. Je schneller Versicherungsunternehmen verschiedene Pricing-Entscheidungen und -Prozesse dokumentieren können, desto schneller können sie die entsprechende Genehmigung erhalten.

Potenzielle Auswirkungen auf den Verbraucherdatenschutz und den Schutz der Privatsphäre von Kunden

KI-basierte Entscheidungen im Versicherungswesen sind in hohem Maße auf die Analyse großer Mengen personenbezogener Daten angewiesen, was potenzielle Probleme in Bezug auf den Verbraucherdatenschutz und den Schutz der Privatsphäre von Kunden mit sich bringt. Die umfangreiche Datenerhebung und -verarbeitung kann zu potenziellen Datenschutzverletzungen und sogar zum Missbrauch sensibler Informationen führen. All das unterstreicht die Notwendigkeit, umfassende Datensicherheitspraktiken zu befolgen, um die Risiken zu minimieren und das Vertrauen der Kunden aufrechtzuerhalten.

Das Erheben, Speichern und Verwenden personenbezogener Daten in KI-basierten Versicherungsprozessen birgt Risiken wie Datenschutzverletzungen, unbefugten Zugriff und nicht autorisierten Zugang durch interne oder externe Parteien, die die Daten möglicherweise für kriminelle Zwecke missbrauchen. Es besteht auch die Gefahr, dass Daten über den vorgesehenen Umfang hinaus genutzt werden, was zu Datenschutzverletzungen und Diskriminierung führen kann.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen

Damit Versicherer auf KI vertrauen und diese nutzen können, muss es einen Mechanismus geben, der es Stakeholdern und Business Professionals ermöglicht, komplexe KI-Entscheidungsprozesse zu interpretieren und sicherzustellen, dass sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.

Branchenexperten entwickeln derzeit Tools, die es uns ermöglichen, in die KI-„Blackbox“ zu schauen und einen Teil der Magie darin zu verstehen. Nachvollziehbarkeit ist die Brücke, die KI verständlicher und transparenter macht und die zu Chancengleichheit und fairen Ergebnissen für unterschiedliche Personengruppen führt, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Alter oder anderen sensiblen Eigenschaften.

Soziale und ökonomische Implikationen KI-gesteuerter Versicherungspraktiken

Es gibt Bedenken, dass der Einsatz von KI negative Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben könnte. So könnte KI beispielsweise Jobs überflüssig machen, die traditionell von Menschen ausgeführt werden, insbesondere in den Bereichen Underwriting, Schadensabwicklung und Kundenservice.

KI lässt sich jedoch auch als Chance begreifen, da sie Mitarbeitern dabei helfen kann, produktiver und in ihrer Rolle bzw. ihrem Bereich noch wettbewerbsfähiger zu werden. Die Automatisierung repetitiver und zeitaufwendiger Aufgaben durch KI wird weiter fortschreiten. Allerdings wird die KI auch einen schnelleren Zugriff auf wichtige Informationen ermöglichen und in wichtigen Geschäftsbereichen wie Rating, Pricing und Risikomanagement neue Alternativen zu herkömmlichen Versicherungsprozessen bieten. Insofern eröffnet KI den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich auf komplexere, strategischere und lohnendere Arbeiten zu konzentrieren, die kritisches Denken, Kreativität und zwischenmenschliche Fähigkeiten erfordern.

Da sich die Einsatzmöglichkeiten von KI stetig weiterentwickeln, haben Mitarbeiter die Chance, sich weiterzuqualifizieren und neue Kompetenzen in wichtigen Bereichen wie Datenanalyse, KI-Management und dem Einsatz anderer moderner Technologien zu erwerben. All dies kann zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und neuen beruflichen Perspektiven führen.

Best Practices für den ethischen Einsatz von KI im Versicherungswesen

Die genannten Punkte unterstreichen die Notwendigkeit klarer Richtlinien und Strategien bei der Entwicklung und Umsetzung von KI-Modellen im Versicherungssektor sowie die Notwendigkeit, unterschiedliche Perspektiven in KI-Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Festlegung klarer Richtlinien für ethische KI-Entwicklung und -Bereitstellung

Die Entwicklung klarer, umfassender Richtlinien und Strategien für den ethischen Einsatz von KI ist von entscheidender Bedeutung, um Fairness, Transparenz und Verantwortlichkeiten bei KI-gestützten Entscheidungen zu gewährleisten. Diese Richtlinien tragen dazu bei, die Privatsphäre und die Daten der Kunden zu schützen, Bias zu mindern und diskriminierende Praktiken zu vermeiden. Durch die Festlegung ethischer Standards können Versicherer das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen, gesetzliche Vorschriften erfüllen und den verantwortungsvollen Einsatz von KI-Technologien in ihrem operativen Geschäft fördern.

Bei der Festlegung von Richtlinien für den ethischen Einsatz von KI im Versicherungswesen sollten Versicherer alles daransetzen, Datenschutz und Datensicherheit zu optimieren und sensible Kundendaten zu schützen. Darüber hinaus sind die Förderung von Transparenz bei KI-Entscheidungsprozessen und vollständige Verantwortlichkeit unerlässlich, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben dauerhaft sicherzustellen.

Versicherer sind auch gut beraten, eine Vielzahl von Stakeholdern in die Entwicklungs- und Testphase einzubinden und alles dafür zu tun, dass KI-Systeme fair, transparent und unvoreingenommen gestaltet werden. Idealerweise sollten Kunden, Mitarbeiter und sogar verschiedene Regulierungsbehörden als Stakeholder einbezogen werden.

Versicherer sollten auch klar kommunizieren, wie KI-Systeme Entscheidungen treffen, um zu zeigen, wie diese Prozesse funktionieren und dass sie für nicht technische Nutzer und Stakeholder verständlich sind. Auf diese Weise werden Vertrauen und Verantwortlichkeit gestärkt.

Einbeziehung vielfältiger Perspektiven und Fachkompetenzen in KI-Entscheidungsprozesse

Die Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven in KI-Entscheidungsprozesse ist von wesentlicher Bedeutung, um Fairness, Transparenz und Effektivität zu gewährleisten. Unterschiedliche Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter, Aufsichtsbehörden und Vertreter der Öffentlichkeit bieten jeweils spezielle Einblicke und Erfahrungen, mit denen sich Bias-Effekte aufdecken, blinde Flecken erkennen und unbeabsichtigte Folgen aus dem Einsatz von KI-Systemen mindern lassen.

Durch die Berücksichtigung verschiedener Perspektiven können Unternehmen die ethischen Auswirkungen ihrer KI-Anwendungen besser verstehen, potenzielle Risiken oder Schäden antizipieren und Lösungen entwickeln, die mit gesellschaftlichen Werten und Erwartungen in Einklang stehen. Darüber hinaus fördert eine integrative Entscheidungsfindung Vertrauen und Legitimität, indem sie die Offenheit und Akzeptanz gegenüber KI-Technologien verbessert und gleichzeitig faire Ergebnisse für alle Stakeholder fördert.

Ein solcher Ansatz kann sich auszahlen, da er Vorurteile und Diskriminierung insgesamt verringert, Problemlösungen und Innovation verbessert und das Vertrauen sowie die Akzeptanz der Stakeholder erhöht.

Transparenz und Verantwortlichkeit bei KI-gestützten Entscheidungen sicherstellen

Transparenz und Verantwortlichkeit bei KI-gestützten Entscheidungen sind wichtig, damit KI-Systeme fair, ethisch und ohne Bias funktionieren. Sie ermöglichen es den Beteiligten, zu verstehen, wie Entscheidungen getroffen werden. Dies trägt wesentlich dazu bei, Vertrauen in die Technologie zu stärken. Klar geregelte Zuständigkeiten stellen sicher, dass durch KI verursachte Fehler oder Schäden umgehend behoben werden können.

Versicherer können die Transparenz bei KI-Modellen fördern, indem sie detaillierte Dokumentationen und Erläuterungen zur Funktionsweise dieser Modelle bereitstellen, wie z. B. Datenquellen, verwendete Algorithmen und Entscheidungskriterien. Sie können ihren Kunden Zugriff auf vereinfachte Zusammenfassungen oder Visualisierungen geben, die veranschaulichen, wie ihre Daten beispielsweise die Ergebnisse bei Prämienberechnungen oder Antragsgenehmigungen beeinflussen.

Dafür finden sich schon heute Beispiele. Nehmen wir den Fall eines nutzungsbasierten Versicherungsprogramms, das Telematik verwendet, um im Rahmen des entsprechenden KI-Modells Daten zu Kilometerstand, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Beschleunigung, hartem Bremsen und anderen Variablen zu erheben. Es gibt auch Beispiele, in denen KI das Risiko potenzieller Brandereignisse durch Analyse verschiedener Datenquellen wie Wettermuster, frühere Waldbrände, Vegetationsdichte und menschliche Aktivität schätzen kann.

Diese KI-basierten Modelle und Erkenntnisse helfen Kunden, zu verstehen, welche Faktoren den Preis ihrer Versicherungspolice beeinflussen, und welche Maßnahmen sie möglicherweise ergreifen müssen, um auch in Zukunft versicherbar zu bleiben.

Versicherer können auch ein System für regelmäßige Audits und Überprüfungen ihrer KI-Modelle durch Dritte implementieren, um Genauigkeit und Fairness zu gewährleisten. Diese Maßnahmen können ihnen dabei helfen, die Compliance noch weiter zu verbessern, zumal sie möglicherweise ihre Geschäftsmodelle häufiger als in der Vergangenheit überarbeiten. Für Versicherer lohnt es sich, zu prüfen, ob sie über die richtigen Tools, Prozesse und Mitarbeiter verfügen, um sich auf neue regulatorische Anforderungen vorzubereiten und diese zu erfüllen.

Es ist wichtig zu beachten, dass es bereits Kontrollen zur Überwachung der Verantwortlichkeiten von Versicherern gibt – und viele weitere werden folgen. In den USA beispielsweise entwickelt das National Institute of Standards and Technology (NIST) derzeit ein Framework zur Verbesserung des Managements und der Governance von KI-Systemen mit besonderem Schwerpunkt auf Transparenz und Genauigkeit. Darüber hinaus soll der vorgeschlagene Algorithmic Accountability Act Unternehmen dazu verpflichten, die Auswirkungen ihrer KI-Systeme zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf Bias.

Außerdem bieten Branchenstandards und Richtlinien von Organisationen wie der National Association of Insurance Commissioners (NAIC) Überwachung und Best Practices für den ethischen Einsatz von KI im Versicherungswesen. Diese Vorschriften und Standards stellen sicher, dass Versicherer ethische Praktiken einhalten, die Verbraucherrechte schützen und bei Nichteinhaltung von Vorschriften mit Strafen belegt werden. 

Fazit

Möchten Sie mehr über den fairen und ethischen Einsatz von KI im Versicherungswesen erfahren? Sehen Sie sich unser On-Demand-Webinar „Responsible AI: Privacy, Transparency, and Fairness in Insurance“ („Verantwortungsbewusste KI: Datenschutz, Transparenz und Fairness im Versicherungswesen“) an oder besuchen Sie die Website www.earnix.com.

 

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